21. März 2018

Abtreibungen wegen des Geschlechts: 100 Mädchen pro Jahr das Leben retten

Jagd auf Krankheiten und Behinderungen weiterhin erlaubt

Wohl geborgen! Ein gepucktes, schlafendes Babymädchen.

Wohl geborgen! Ein gepucktes, schlafendes Babymädchen.

Eine schwangere Frau soll das Geschlecht ihres Kindes neu erst ab der 13. Schwangerschaftswoche erfahren dürfen, also nach Ablauf der gesetzlichen Frist für eine straflose Abtreibung. Der Nationalrat hat am 26. Februar 2018 eine entsprechende Gesetzesänderung gutgeheissen. Dass Kinder wegen «unerwünschtem» Geschlecht abgetrieben werden, ist sehr wohl auch in der Schweiz eine Realität.

Es gibt Religionen und Kulturkreise, in denen Töchter weniger wert sind als Söhne. China und Indien sind die dafür bekanntesten Länder – millionenfach werden dort die baby girls abgetrieben oder nach der Geburt bis zum Tod vernachlässigt, mit dramatischen Folgen für das Gleichgewicht der Geschlechter. Auffallend mehr Buben als Mädchen werden auch in einigen Ländern des Balkans und des Kaukasus geboren. Und auch hierzulande steckt hinter einem Abtreibungswunsch immer mal wieder das «falsche» Geschlecht des Kindes: auf die ganze Schweiz hochgerechnet «sicher» 100 Mal pro Jahr, schätzt Prof. Daniel Surbek, Chefarzt und Co-Direktor der Frauenklinik des Inselspitals Bern. Es handelt sich hauptsächlich um Fälle mit Migrationshintergrund, vereinzelt aber auch um Schweizer Familien, die ihre Zusammensetzung nach Geschlecht «ausbalancieren» wollen.

Hintertür geöffnet

Seit 2012 sind neuartige Gentests auf den Markt gekommen. Eine einfache Blutentnahme bei der Mutter reicht heute aus, um bereits ab der 9. oder mittlerweile sogar ab der 7. Schwangerschaftswoche diverse Krankheiten und Behinderungen des Kindes feststellen zu können. Diese neuen Tests – sie müssen ärztlich veranlasst werden und die Analyse erfolgt in einem Labor – sind «bei schwangeren Frauen gross in Mode», wie Prof. Surbek unlängst im Fernsehen SRF bestätigte. Als «Nebenbefund» verraten die Tests auch das Geschlecht des Kindes … Und weil die schwangere Frau bis zur 12. Woche ohne jede ärztliche Beurteilung straflos abtreiben kann, haben die Tests eine Hintertür zu Abtreibungen aus Geschlechtsgründen geöffnet.

Der Bundesrat erkannte die Notwendigkeit, das Gesetz zu verschärfen und die Hintertür gleichsam wieder zu schliessen – indem der Arzt der schwangeren Frau das Geschlecht ihres Kindes erst ab der 13. Schwangerschaftswoche mitteilen darf. Am 26. Februar 2018 hat der Nationalrat den entsprechenden neuen Passus angenommen. Die Änderung geht nun noch an den Ständerat.

Damoklesschwert bleibt

Der Verein Mamma begrüsst jede Neuregelung, die dazu beitragen kann, das Leben von ungeborenen Kindern zu retten. Freilich bleiben die genetischen Untersuchungen zur Abklärung von «Eigenschaften, welche die Gesundheit des Embryos oder des Fötus direkt beeinträchtigen», auch in der revidierten Fassung des Gesetzes ausdrücklich erlaubt. Erkrankungen und Behinderungen des Kindes können immer auch als Grund für die «Gefahr einer schweren seelischen Notlage» bei der schwangeren Frau und somit für eine Abtreibung auch nach der 12. Woche angeführt werden.

Das Damoklesschwert der vorgeburtlichen Tötung hängt deshalb weiterhin über den ungeborenen Kindern mit auffälligen Testergebnissen – was die Freude über die 100 geretteten Mädchen pro Jahr ein wenig trüben mag und uns zum verstärkten Einsatz für den Schutz des Lebensrechts aller ungeborenen Kinder anspornen soll!