19. November 2020

Das «Phänomen» Amy Coney Barrett

Neue oberste US-Richterin: Abtreibung ist immer unmoralisch»

Amy Coney Barrett rechts neben ihrem Mann, mit ihren fünf leiblichen und zwei adoptierten Kindern.

Die Frage, wer im Obersten Gericht der USA Einsitz nehmen kann, ist ähnlich bedeutend wie die Frage, wer ins Weisse Haus einzieht. Am 26. Oktober 2020 wurde Amy Coney Barrett als neue Höchstrichterin vereidigt. Mit ihrem Werdegang kann man sie bereits jetzt als «ein Phänomen» bezeichnen. Und von ihrer Seite sind – anders als bei ihrer verstorbenen Vorgängerin Ruth Bader Ginsburg – kaum Entscheide zu befürchten, die einem vermeintlichen «Recht» auf Abtreibung das Wort reden, im Gegenteil!

Ernennungen in den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten sind darum von besonderer Wichtigkeit, weil es Ernennungen auf Lebenszeit sind. Amy Coney Barrett ist erst 48 Jahre alt. Unter normalen Umständen wird sie die Rechtsprechung in dem neunköpfigen Gremium daher auf Jahrzehnte hinaus mitprägen können.

Mutter von sieben Kindern, brillante Juristin

Sie sei es «gewohnt, in einer Gruppe von neun zu sein», scherzte Amy Coney Barrett bei ihrer Ernennung. Damit spielte sie auf ihre neunköpfige Familie an: Mit ihrem Mann zieht sie fünf leibliche und zwei adoptierte Kinder im Alter von 8 bis 19 Jahren gross (vgl. Kästchen weiter unten: «Hat sie eine ‹Nanny›?!»). Der Jüngste hat das Down-Syndrom. Zum ersten Mal ist eine oberste US-Richterin Mutter schulpflichtiger Kinder!

Gleichzeitig wird Amy Coney Barretts juristische Qualifikation und Brillanz auch von «linker» Seite kaum ernsthaft in Frage gestellt. Ihre Karriere verlief steil: immer die beste Schülerin, immer die beste Studentin, mit 26 Jahren Assistentin des obersten US-Richters Antonin Scalia, mit 30 schon Professorin, von den Studenten mehrfach zur «beliebtesten Dozentin» gewählt, ab 2017 Bundesrichterin für drei US-Staaten … Und jetzt also der Einzug ins höchste Gericht!

«Roe gegen Wade» in Revision schicken!

Amy Coney Barrett ist ein Phänomen – und sie ist gilt als konservativ. Mit ihr ergibt sich im obersten US-Gericht nun eine Mehrheit von 6 konservativen gegenüber 3 «liberalen» Richtern. Immer wieder entscheidet das Gericht über Streitthemen von gesamtgesellschaftlich grosser Tragweite. Das Urteil vom Januar 1973 im Fall «Roe gegen Wade» gehörte dazu: In der Folge waren Abtreibungen in allen US-Staaten grundsätzlich legal.

Amy Coney Barrett hat Abtreibung bereits im Jahr 1998 als «immer unmoralisch» bezeichnet und sich nie von dieser Aussage distanziert. Als Bundesrichterin hat sie sich in zwei konkreten Fällen für mehr Restriktionen beim Zugang zu Abtreibungen ausgesprochen. Jetzt im September 2020 gab sie zum Ausdruck, dass sie «Roe gegen Wade» nicht für einen Präzedenzfall halte, der «nie wieder» verhandelt werden sollte. – Somit steigen die Chancen, dass die Abtreibungslegalisierung vom höchsten Gericht tatsächlich revidiert wird. Wann das der Fall sein wird, ist zwar noch völlig offen. Doch mit Sicherheit ist dieser Richterwechsel für den Lebensschutz in den USA und darüber hinaus ein Lichtblick!

Hat sie eine «Nanny»?!

Kindererziehung

Vollzeitjuristin und Mutter von sieben Kindern: Wie macht Amy Coney Barrett das? Hat sie ein Kindermädchen, eine «Nanny»?! – Eine Tante ihres Ehemanns sorgt offenbar schon seit mehr als 16 Jahren für eine konstante Betreuung der Kinder. Amy und ihr ebenfalls als Jurist berufstätiger Mann teilen sich die Kindererziehung. Sie sei sich darüber im Klaren, wird sie zitiert, dass sie das, was sie tut, nicht tun könnte, wenn sie und ihr Mann keine gut bezahlten Berufe hätten. Und vor Kurzem noch sagte sie öffentlich: «Unsere Kinder sind meine grösste Freude – auch wenn sie meine Schlafdauer ziemlich verkürzen».