23. Februar 2023

Dramatische Frühstgeburt auf hoher See! Wie ein «Wunder» geschah …

Spezialist an Land instruiert Ärzte auf dem Schiff per Telefon

Ocho Rios: Diese Kleinstadt auf Jamaika steuert das «Juwel der Meere» als nächsten Hafen an.

Errechneter Geburtstermin: 19. März 2023. Doch da: Völlig unerwartet setzen schon am 29. November 2022 die Wehen ein! Patrina Ross (28), die Schwangere, ist gerade auf einer einwöchigen Kreuzfahrt in der Karibik … Also weit und breit keine Frauenklinik, geschweige denn eine Intensivstation für Neugeborene!

Das 293 Meter lange «Juwel der Meere» bietet Platz für bis zu 2702 Passagiere und 852 Besatzungsmitglieder. Schwangere sind bis zur 23. Woche zugelassen. Patrina Ross ist in der 22. Woche … Eine derart extrem frühe Geburt ist selbst unter den idealen Voraussetzungen eines spezialisierten Spitals nach wie vor eine grosse Herausforderung. An Bord eines Schiffes scheint es da ein geradezu hoffnungsloses Unterfangen zu sein, wenn sich darin unerfahrene Ärzte um das Überleben eines solchen Frühchens bemühen müssen!

Improvisierte Behandlung

Immerhin – das «Juwel der Meere» gilt als Kreuzfahrtschiff, das auch medizinisch sehr gut ausgerüstet ist. Es geht also darum, das Beste daraus zu machen! Dafür sichert sich der Schiffs-Oberarzt Dr. Alif Patilla die telefonische Assistenz eines ihm bekannten Spezialisten: Er kontaktiert Dr. Jorge Perez, den Leiter der Neugeborenen-Intensivstation und des Neugeborenen-Transports in einer Klinik in Miami (Florida/USA). Wohlgemerkt, auch für diesen Experten ist das Szenario «Extremfrühchen auf Kreuzfahrtschiff» komplett Neuland!

Was folgt, ist ein grossartiger Einsatz aller Beteiligten – die ganze Nacht über. Dr. Perez gibt am Telefon detaillierte Anweisungen, wie man ein Beatmungsgerät für Erwachsene umfunktionieren kann in eines für ein Frühchen (das so klein ist wie die Fläche einer Hand) – auf dem Schiff befolgen Dr. Patilla und sein Team die Anweisungen genauestens. Dr. Perez erklärt, wie man Antibiotika mischt und dem Frühchen Medikamente verabreicht … und so weiter, und so fort! Sogar Frischhaltefolie aus der Schiffsküche kommt zum Einsatz – um das Baby warm zu halten. Ohne diese improvisierte Behandlung und ohne den Erfolg, der ihr beschieden ist, könnte das Baby vermutlich nicht länger als eine oder zwei Stunden überleben. So aber wird das Wunder tatsächlich möglich!

Zustand «stabil»

Das «Juwel der Meere» ist während dieser dramatischen Stunden unterwegs nach Ocho Rios, einer Kleinstadt auf Jamaika. Nachdem das Kreuzfahrtschiff am dortigen Hafen angelegt hat, werden Mutter und Kind in ein nahes Regionalspital mit Intensivstation für Neugeborene transportiert. Zwei Tage später können beide mit dem Flugzeug aufs amerikanische Festland in ein Kinderspital in Miami verlegt werden. Dr. Perez berichtet, die Mutter sei wohlauf. Der Zustand des Babys werde inzwischen als «stabil» bezeichnet. Der Junge könne selbstständig atmen.

Wünschen wir dem Kleinen von Herzen gutes Gedeihen, auf dass er das Spital möglichst bald gesund verlassen kann! – Die Geschichte mag uns an die Volksinitiative «Lebensfähige Babys retten» erinnern: Diese will bekanntlich, dass Abtreibungen zu einem Zeitpunkt, in dem das Kind ausserhalb des Mutterleibes, «allenfalls unter Einsatz intensivmedizinischer Massnahmen», atmen kann, nicht mehr zulässig sind.