21. März 2019

«Nationale Ethikkommission» will Spätabtreibungen in allen Kantonen

Scheinreligiöse Rituale sollen bei Traumabewältigung helfen

Wird auch in der Schweiz praktiziert: Töten des Babys im Mutterleib mit einer Spritze, bevor dann die Frau ihr totes Kind gebärt.

Wird auch in der Schweiz praktiziert: Töten des Babys im Mutterleib mit einer Spritze, bevor dann die Frau ihr totes Kind gebärt.

Frauenklinik des Inselspitals Bern und Maternité des CHUV in Lausanne: zwei namentlich bekannt gewordene von mindestens elf Schweizer Spitälern, die Spätabtreibungen auch mit der Todesspritze praktizieren.

Frauenklinik des Inselspitals Bern und Maternité des CHUV in Lausanne: zwei namentlich bekannt gewordene von mindestens elf Schweizer Spitälern, die Spätabtreibungen auch mit der Todesspritze praktizieren.

Mit ihrer Stellungnahme zum Thema Spätabtreibung zeigt die «Nationale Ethikkommission NEK», wie tief auch sie schon in den Strudel des Relativismus geraten ist. Pro Jahr werden in der Schweiz rund 40 lebensfähige Babys brutal abgetrieben – Spätabtreibungen gehören nicht in einen «Versorgungsauftrag», sondern verboten!

Unter gewissen, schwammig formulierten Bedingungen lässt die «Fristenlösung» Abtreibungen bis zur Geburt straflos zu (siehe auch Kästchen am Schluss dieses Artikels). Laut Bundesamt für Statistik sind pro Jahr rund 500 Kinder von einer Abtreibung nach der 12. Schwangerschaftswoche betroffen. Rund 150 davon sind es nach der 16. Woche. Bereits dann kann das Kind nach einer «chemischen» Abtreibung mit Prostaglandin noch Lebenszeichen (Atmung, Herzschlag) zeigen. Und rund 40 Kinder sind es nach der 22. Woche. Dann ist das Kind mit intensivmedizinischer Betreuung schon ausserhalb des Mutterleibs überlebensfähig und muss theoretisch gleich wie ein Frühchen behandelt werden. Einer neueren Studie zufolge kommen hierzulande pro Jahr etwa 25 Kinder nach einer Abtreibung noch lebend zur Welt.

Am 28. Februar 2019 hat nun die «Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin NEK» eine Stellungnahme zum Thema Spätabtreibung publiziert. Unter anderem hat sie darin die Ergebnisse einer eigenen Umfrage vom Sommer 2018 verarbeitet.

Mit oder ohne Todesspritze

Von 29 Chefärzten hatte die NEK damals Antworten auf diverse Fragen zum Thema erhalten. Demnach werden die meisten Spätabtreibungen an Universitätsspitälern durchgeführt, mehrheitlich aufgrund von Fehlbildungen oder Erkrankungen beim Kind, ab ungefähr der 15. Woche meist mit der «chemischen» Methode, und zwar mit oder ohne vorausgehendem «Fetozid».

Unter Fetozid wird das direkte Abtöten des Kindes in der Gebärmutter verstanden. Durch die Bauchdecke der Frau und die Gebärmutter hindurch wird eine Nadel ins Herz des Ungeborenen gestochen und Kalium eingespritzt. Diese «Todesspritze» bewirkt beim Kind den sofortigen Infarkt. Alternativ wird in die Nabelschnur oder in das Fruchtwasser Digoxin eingespritzt. Über die Häufigkeit der Fetozide in der Schweiz herrscht Unklarheit – sie werden statistisch nicht erfasst.

Angeblicher «Versorgungsauftrag» der Kantone

Unabhängig von einer fehlenden nationalen Statistik bemängelt die NEK, dass «einzelne grosse Zentrumskliniken aufgrund von Zuweisungen von Frauen aus den umliegenden Regionen überproportional viele Fetozide durchführen, was zu einer erheblichen Belastung der dort zuständigen Fachpersonen führt». Doch statt Fetozide (und Spätabtreibungen generell) grundsätzlich in Frage zu stellen, meint die NEK auf den «Versorgungsauftrag» hinweisen zu müssen, den die Kantone ihrer Ansicht nach aufgrund des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) auch für die Durchführung strafloser Abtreibungen haben. Die NEK plädiert folglich dafür, die kantonalen Gesundheitsämter sollten «sicherstellen», dass Spätabtreibungen «möglich» sind und dass die «Versorgungsqualität überall gleichwertig» ist.

Von einem Versorgungsauftrag für Abtreibungen (und Spätabtreibungen) in jedem Kanton aufgrund des KVG kann aber keine Rede sein. In der Schweiz gibt es auch nur einige wenige Herzzentren – niemandem käme es in den Sinn zu verlangen, in jedem Kanton müsse Herzchirurgie angeboten werden!

«Abschiedsritus» nach Abtreibung

Dass Spätabtreibungen für alle Beteiligten oft eine traumatische Erfahrung sind, wird von der NEK keineswegs in Abrede gestellt. Doch wieder zieht das Gremium die falschen Konsequenzen und spricht sich nicht etwa für einen Stopp der Spätabtreibungen aus, sondern vielmehr für eine «achtsame Begleitung und Betreuung» – in einer Art und Weise, die bis ins Scheinreligiöse reicht.

Die Frauen bzw. Paare, die «eine erwünschte Schwangerschaft beenden mussten» (!), seien in ihrem individuellen Trauerprozess zu unterstützen, schreibt die NEK. «Konkret sollte es ihnen möglich sein, in der Klinik einen Abschiedsritus miterleben zu können und auf Wunsch sollten religiös verankerte zeremonielle Elemente der Trauerbegleitung zur Verfügung stehen.» In Tat und Wahrheit ist aus medizinischen Gründen so gut wie keine Abtreibung notwendig. Das Ganze geht dann stark in Richtung einer Instrumentalisierung der Religion für Baby-Tötungszeremonien!

Ethisch wäre die Achtung des Tötungsverbots!

Insgesamt zeigt die NEK mit ihrer Stellungnahme – in der sie die unhaltbare (Spät-) Abtreibungspraxis als solche nicht in Frage stellt, sondern tendenziell sogar befördert –, wie tief auch sie schon in den Strudel des Relativismus geraten ist. Sie schreibt zwar, sie sei sich bewusst, dass es auch die Position gebe, «dass der Schwangerschaftsabbruch per se nicht zu legitimieren» und eine «intrinsisch schlechte Handlung» ist. Sie gibt auch zu erkennen, dass eines ihrer Mitglieder (eines von 15!) Spätabtreibungen grundsätzlich in Frage stellt. Doch zu einer Abkehr von der Abtreibungsmentalität kann sich die NEK offenbar nicht durchringen.

Für den Verein Mamma ist klar: Nur eine Achtung des Tötungsverbots und damit ein Verbot der Abtreibung kann der Menschenwürde eines jeden ungeborenen Kindes gerecht werden und damit Ausdruck wahrer menschlicher Ethik sein. Weil gesamtgesellschaftlich derzeit am ehesten ein Konsens über ein Verbot von Abtreibungen lebensfähiger Babys besteht, hat der Verein diesen Punkt auf seine Liste «wichtiger Anliegen im Lebensschutz» gesetzt.

Eines der Plakate des Vereins Mamma gegen die «Fristenlösung» im August 2001.

Eines der Plakate des Vereins Mamma gegen die «Fristenlösung» im August 2001.

Von wegen «Irreführung»

«Bis zur Geburt»! Mit erstaunlicher Klarheit spricht die Stellungnahme der NEK vom «Umstand», dass eine Abtreibung nach Artikel 119 Absatz 1 des Strafgesetzbuches «bis kurz vor der regulären Geburt» möglich ist. Nichts anderes sagte der Verein Mamma schon im August 2001 über die sogenannte «Fristenlösung». Doch damals wurde der Verein für ein entsprechendes Plakat von Medien und Politik bis hinauf zu Bundesrätin Ruth Metzler der angeblichen «Irreführung» bezichtigt. Die heutige Realität zeigt, auf welcher Seite die Irreführung tatsächlich lag: In einer Umfrage der NEK geben 3 von 22 Spitälern zu, Spätabtreibungen unabhängig von der Schwangerschaftswoche durchzuführen.