24. September 2021

Opfert nicht die Kinder!

Erfolg im Spitzensport und Mutterschaft schliessen sich nicht aus … im Gegenteil

«Lauf’ Mama lauf’»: Allyson Felix mit Tochter Camryn (Foto vom 9. Juli 2020).

Nur wenige Wochen bevor die Olympischen Sommerspiele Tokio 2020 um ein Jahr verschoben wurden, trieb eine schwangere US-amerikanische Athletin ihr Kind ab … Bald darauf wurde eine mehrjährige Wettkampfsperre über sie verhängt. Demgegenüber hatte sich eine Team-Kollegin von ihr 2018 für das Muttersein entschieden – und ist heute die erfolgreichste Leichtathletin der Welt!

Die Hürdenläuferin Brianna McNeal (30) hätte an den Spielen in Tokio 2020 ihr Olympia-Gold von 2016 verteidigen wollen. Vor diesem Hintergrund entschloss sie sich im Januar 2020 zu einer Abtreibung – wie sie am 1. Juli 2021 in der «New York Times» erstmals öffentlich gestand. Hätte sie damals schon gewusst, dass die Spiele verschoben werden (wegen Corona), hätte sie nicht abgetrieben. Die Abtreibung traumatisierte McNeal, versetzte sie in einen Zustand der «Depression» und der «Desorientierung».

Unangemeldet und ahnungslos wollte zwei Tage später die Dopingkommission des Leichtathletik-Weltverbands Tests bei ihr durchführen. McNeal reagierte weder auf das Klingeln an der Tür noch auf Anrufe. Der Kommission gegenüber unterliefen ihr dann Fehler, die ihr als «Fälschung von Unterlagen» zur Last gelegt wurden. Nun ist McNeal vom 15. August 2020 an für volle fünf Jahre gesperrt. Der internationale Sportgerichtshof hat ihre Beschwerde am 2. Juli 2021 zurückgewiesen. Die Athletin war somit in Tokio nicht dabei und wird es auch in Paris 2024 nicht sein. Sie opferte ihr Kind vermeintlich zugunsten ihrer Karriere – stattdessen haben die Folgen der Abtreibung ihre Karriere de facto zerstört!

Ganz anders die Sprinterin Allyson Felix (35), …

die ebenfalls seit Jahren dem Olympia-Team der USA angehörte: Auch sie stand schon in den Vorbereitungen für Olympia 2020, als sie schwanger wurde. Dennoch trieb sie ihr Kind sogar dann nicht ab, als sie eine schwere Präeklampsie («Schwangerschaftsvergiftung») entwickelte, die ihr eigenes Leben und das ihres Kindes bedrohte. «In diesem Moment ging es mir nur darum, dass meine Tochter überlebt», wird Felix zitiert. Ihre Tochter Camryn kam in der 32. Schwangerschaftswoche durch einen Notkaiserschnitt zur Welt.

Selbst bei diesem medizinisch schwierigen Verlauf schadeten Schwangerschaft und Geburt der Athletin offenbar nicht. Felix konnte die Trainings für Tokio 2020 wieder aufnehmen. Am 6. und 7. August 2021 krönte sie ihre Karriere mit dem Gewinn einer weiteren Gold- sowie einer Bronzemedaille und bleibt unangefochten die «meistdekorierte» Leichtathletin aller Zeiten (7x Olympia-Gold, 13x WM-Gold)! Es war zugleich ihre letzte Olympia-Teilnahme: Sie will sich aus dem Wettkampfsport zurückziehen und sich auf ihre Familie konzentrieren.

Ihrer Courage ist es übrigens zu verdanken, dass Nike als Sponsor Athletinnen mittlerweile nicht mehr fürs Mutter-Werden «bestraft». Felix hatte bekannt gemacht, dass Nike ihr nach der Geburt ihrer Tochter 70 % (!) weniger Geld zur Verfügung stellte. Mit einem neuen Sponsor gründete Felix zudem eine Stiftung, die Mütter im Profisport in praktischer Hinsicht unterstützt.