Syndrom meint immer eine ganze Gruppe von typischen Symptomen, die spezifisch einem bestimmten Trauma oder einer Verletzung zugeordnet werden können. Wenn wir an dieser Stelle die möglichen Folgeerscheinungen einer Abtreibung aufzählen (PAS), dann bedeutet das nicht, dass nun alle Frauen nach einer Abtreibung an allen diesen Symptomen leiden müssen. Es handelt sich jedoch um signifikante Beobachtungen, die Fachleute bei zahlreichen Frauen, die abgetrieben haben, beobachten konnten.
Das PAS als solches fehlt noch in den offiziellen Diagnosecodices der Psychiatrie. Auch AIDS oder die Creutzfeld-Jakob-Krankheit waren einmal Krankheiten, die existierten, bevor sie von der Wissenschaft ganz anerkannt wurden. Problematisch ist, wenn die Wissenschaft dazu beiträgt, Tabus aufzubauen. Frauen sollen ihre Trauer ausdrücken und ausleben können, ohne das Gefühl haben zu müssen, dass dies der politischen Opportunität widerspricht. Bei Fehlgeburten reagieren die davon betroffenen Berufsleute und die Gesellschaft heute zunehmend sensibler auf die Bedürfnisse von Frauen und ihren Partnern. Es werden Zeit und Möglichkeiten eingeräumt, um über diese Kinder zu trauern. In jüngster Zeit werden sogar würdige Bestattungen ermöglicht. Warum sollen also Frauen nicht auch über Ihre abgetriebenen Kinder trauern dürfen? Warum sollen sie sich dem gesellschaftlichen Druck beugen und einfach nicht darüber sprechen dürfen?
Vergleiche zu diesem Thema auch hier.
Eine Abtreibung stellt einen keineswegs zu bagatellisierenden Eingriff in den natürlichen Ablauf des weiblichen Organismus dar. Je nach der persönlichen Lebenssituation der Frau treten erhebliche rein organische Folgeerscheinungen über psychosomatische bis hin zu psychischen Phänomenen auf.
(die aber nicht zum eigentlichen PAS gezählt werden)
1. Frühkomplikationen der Abtreibung
2. Spätkomplikationen
(Die Liste beansprucht keine Vollständigkeit. Sie wurde durch den Verein Mamma erstellt unter Verwendung einer Zusammenstellung der Selbsthilfegruppe Rahel e.V.)
Falls Sie bei sich eines oder mehrere der obenstehenden Symptome feststellen können und Hilfe bei der Bewältigung Ihres Schmerzes nach Abtreibung oder Fehlgeburt benötigen, wenden Sie sich an Prodonna. Ihre Anfragen werden absolut vertraulich behandelt. Je nach Ihrem Wunsch bringen die Beraterinnen von Prodonna Sie in Kontakt mit Selbsthilfegruppen oder Fachleuten, die Sie bei der Bewältigung und Trauer rund um den Verlust Ihres Kindes durch Abtreibung oder Fehlgeburt unterstützen.
Manfred M. Müller, Redaktor der Zeitschrift «Medizin und Ideologie» der Europäischen Ärzteaktion, ist Autor des 40-seitigen Büchleins «Fünf Schritte – die Heilung der Abtreibungswunden»; er schildert heilende Wege aus dem Post Abortion Syndrom (PAS). Drei Fragen an den Literaturwissenschaftler und Theologen.
mamma.ch: Herr Müller, welche Haltung soll man im Umgang mit Frauen, die abgetrieben haben, vermeiden?
Manfred M. Müller: Erstens das besserwisserische Aburteilen und zweitens das verheerende Beschwichtigen. Warum? Keiner von uns kennt die Geschichte der Frauen (und Männer), die abtreiben. Welche Verletzungen gibt es in ihrer Biographie? Welche Panik haben sie erlebt, die sie zu diesem tödlichen Kurzschluss der Abtreibung getrieben hat? Welche Engpässe oder Egoismen sind im Letzten die ausschlaggebenden Beweggründe gewesen? Daraus aber nun zu schliessen, wir sollten die Abtreibung bagatellisieren, ist ebenfalls fehl am Platz. Die Frau bzw. der Mann wissen ja im Grunde um das Falsche ihrer Entscheidung.
Welche Widerstände müssen Frauen mit dem PAS aufgeben, um einer Heilung entgegenzuschauen?
Verdrängung, Projektion und Rechtfertigung. Die Verdrängung kann dermassen vehement sein, dass sich eine Frau zwar an Operationstermine anderer Art erinnert, nicht aber an eine Abtreibung, die erst ein Jahr zurückliegt. Projektion meint das Abschieben der eigenen Verantwortung auf Andere. Rechtfertigung schliesslich bedient sich der Offensive: laut stark wird die Abtreibung verteidigt und gutgeheissen, eine Konfrontation mit dem Erlebten wird von vorneherein abgeblockt.
Welche Heilungsschritte lassen eine Frau mit dem PAS wieder aufleben?
1. Die Frau sagt Ja zu ihrem Schmerz. Der Schmerz wird nicht kaschiert oder verdrängt. Die Frau gibt zu, dass der Schmerz mit ihrer Abtreibung zu tun hat.
2. Die Frau nennt das Vergangene beim Namen. Die Abtreibung ist keine Schwangerschaftsunterbrechung, sondern Tötung ihres Kindes.
3. Die Frau gesteht ihre Schuld. Es mag sein, dass die Frau unter grossem Druck gestanden ist, als sie der Abtreibung zustimmte. Doch ist es notwendig, dass die Frau erkennt, dass sie an der Abtreibung mitschuldig ist.
4. Die Frau wünscht die Versöhnung. Versöhnung mit dem getöteten Kind. Versöhnung mit den Menschen, die zur Abtreibung gedrängt haben. Aber auch Versöhnung mit sich selbst und Versöhnung mit Gott, dem Schöpfer des Lebens – durch Bereuen und Bekennen der Schuld.
5. Die Frau wählt das Leben. In der Abtreibung wurde ein ungeborenes Kind ausgelöscht. Jetzt lernt die Frau, dass das Leben Geschenk ist – sie wählt nun das Leben, das sie einstmals verneinte.