23. Juli 2018

Bundesamt für Statistik verleitet zu falscher Wahrnehmung

Kein Sterbenswörtchen über Frühabtreibungen

Die Zahlen des Bundesamtes für Statistik zeigen nur die halbe Wahrheit … So oder so sind es nach wie vor unglaublich viele Kinder, denen verwehrt wird, auf die Welt zu kommen: ein Meer von Babybettchen (Symbolbild)!

Die Zahlen des Bundesamtes für Statistik zeigen nur die halbe Wahrheit … So oder so sind es nach wie vor unglaublich viele Kinder, denen verwehrt wird, auf die Welt zu kommen: ein Meer von Babybettchen (Symbolbild)!

Wer den Verlauf der offiziellen Abtreibungszahlen seit 2004 verfolgt (siehe die gleich unten anschliessende Grafik), nimmt insgesamt einen leichten Rückgang wahr. Doch dieser «offizielle» Eindruck täuscht. Denn wenn die Frühabtreibungen durch die sogenannte «Notfallverhütung» mitberücksichtigt werden, ergibt sich eine deutlich höhere Zahl als noch vor 14 Jahren – wie das Berechnungsbeispiel von mamma.ch für 2017 zeigt.

Seit 2002 haben wir in der Schweiz die «Fristenlösung». Seit 2002 haben wir aber auch die Rezeptfreiheit für die herkömmliche «Pille danach» (NorLevo®, für 2 Tage danach) und seit 2016 dasselbe für die «Pille für 5 Tage danach» (ellaOne®). Lebensschützer erwarteten nach der Annahme der «Fristenlösung» eine Zunahme der Abtreibungen. Dass eine solche in den offiziellen Zahlen nicht eingetreten ist, hängt unter anderem mit den «Pillen danach» zusammen!

Der Verkauf von NorLevo® ist nach 2002 sprunghaft angestiegen. Neuere Verkaufszahlen sowie jene von ellaOne® gibt die Herstellerfirma beider Produkte (HRA Pharma, rue Juste Olivier 22, 1260 Nyon) leider nicht mehr bekannt. Aufgrund der letzten publizierten Zahlen für NorLevo® und dem Hinzukommen von ellaOne® kann man aber davon ausgehen, dass in der Schweiz derzeit pro Jahr zusammen weit über 100000 Packungen NorLevo® und ellaOne® verkauft werden. All diese «Notfallverhütungsmittel» können auch die Einnistung eines schon gezeugten Kindes in die Gebärmutter hemmen und demnach frühabtreibend wirken! Somit hat in den Jahren seit 2002 gewissermassen eine «Vorverschiebung» von einem Teil der Abtreibungen stattgefunden. Frühabtreibungen aber werden statistisch nicht erfasst!

Mindestens 5 % Frühabtreibungen bei «Pillen danach»

Freilich ist die Anzahl der Frühabtreibungen nur schätzbar – weil man nie genau erfährt, in wie vielen Fällen die Pillen tatsächlich eine Abtreibung verursachen. In einem Artikel in der Zeitschrift factum aus dem Jahr 2010 hat François Geinoz, Co-Autor der Studie «Abtreibungsstatistiken in der Schweiz unter der Lupe» (Zürich 2002), ausführlich dargelegt, wie gross die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine verkaufte Packung NorLevo® frühabtreibend wirkt. Er kommt darin zum Schluss, dass man mit der Schätzung von 3 bis 6 % «sehr wahrscheinlich richtig» liegt.

Nun ist seither mit ellaOne® ein noch länger wirksames Präparat hinzugekommen … Bei der Schätzung der Anzahl Frühabtreibungen für das Jahr 2017, die wir hier auf mamma.ch anstellen, haben wir deshalb vorsichtig eine Frühabtreibungs-Wahrscheinlichkeit von 5% über sämtliche «Notfallverhütungsmittel» angenommen. Bei weit über 100000 verkauften Packungen NorLevo® und ellaOne® ergeben diese 5 % dann die Zahl von mindestens 5000 Frühabtreibungen durch «Notfallverhütung» und total mindestens 15000 Abtreibungen in der Schweiz im Jahr 2017.

Abtreibungen in der Schweiz 2017: Schwarz die offiziellen Zahlen, grau zusätzlich die «inoffiziellen».

Abtreibungen in der Schweiz 2017: Schwarz die offiziellen Zahlen, grau zusätzlich die «inoffiziellen».

Es ist dringend nötig, dass die frühabtreibende Wirkung der «Pillen danach» in der Öffentlichkeit bekannt(er) wird. Das Bundesamt für Statistik könnte mit einem entsprechenden Vermerk bei der Publikation der jährlichen Abtreibungszahlen dazu beitragen. Ansonsten muss man die Statistik in gewisser Hinsicht als täuschend bezeichnen!

PS: Ohne die grosse und wertvolle Arbeit von Mütterhilfswerken wie der Schweizerischen Hilfe für Mutter und Kind (SHMK) wäre die Zahl der Abtreibungen zweifellos noch höher!

Positiv: keine Abtreibungen wegen des Geschlechts mehr

Hintertür zu. Nach dem Nationalrat hat am 30. Mai 2018 auch der Ständerat einer Gesetzesrevision zugestimmt, die unter anderem festlegt, dass der Schwangeren das Geschlecht des Ungeborenen erst nach der 12. Schwangerschaftswoche mitgeteilt werden darf. Die Annahme in den Schlussabstimmungen beider Räte am 15. Juni war dann reine Formsache. Nach Ablauf der Referendumsfrist vom 4. Oktober 2018 wird somit eine Hintertür zu Abtreibungen aufgrund des Geschlechts definitiv wieder geschlossen. Neue Gentests, die als «Nebenbefund» auch das Geschlecht des Kindes verraten, hatten die entsprechende Gesetzesverschärfung nötig gemacht. Die Änderung dürfte mindestens 100 Mädchen pro Jahr das Leben retten (mit so vielen Fällen rechnete ein Schweizer Chef-Gynäkologe).